15.05.2002

LANDTAGSREDE: Mehr Plätze für freiwilliges ökologisches Jahr schaffen

Die Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft ist ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik in Schleswig Holstein. Wer bürgerschaftliches Engagement entwickeln und Menschen dauerhaft gewinnen will, muss bei den jungen Menschen anfangen. Insofern nehmen die Freiwilligendienste bei der Stärkung der Zivilgesellschaft eine Schlüsselstellung ein. Die Bereitschaft sich zu engagieren ist ein wichtiges Kriterium für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr sind beide außerordentliche Erfolgsangebote, und wir Sozialdemokraten fühlen uns bestärkt in unserer Auffassung, dass beide in Schleswig-Holstein wesentliche Elemente geworden sind, die es jungen Menschen ermöglichen, sich freiwillig und weitgehend unentgeltlich für unsere Gesellschaft zu engagieren. Dass die Landesregierung für FSJ und FÖJ hier die entsprechenden Fördermittel bereitstellt, halten wir für eine wichtige gesellschaftspolitische Perspektive.

Zur Zeit befinden sich in Schleswig-Holstein jährlich 580 junge Menschen im FSJ und 100 im FÖJ. Um den vielfältigen Interessen der Jugendlichen entgegen zu kommen, aber auch um die Möglichkeiten sozialen und ökologischen sowie bürgerschaftlichen Engagements zu bündeln und zu verbessern, ist auf Bundesebene zur Zeit das Gesetz in Vorbereitung, über das der Minister eben schon berichtet hat. Dieses wird das bestehende Angebot erweitern und die soziale und rechtliche Absicherung der Freiwilligen verbessern und vereinheitlichen.

Ich nenne vier wichtige neue Regelungen aus dem Gesetz:

  1. Es wird zu einer Erweiterung der Einsatzfelder im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres um die Bereiche Kultur, Sport und Denkmalpflege kommen.
  2. Zukünftig wird es möglich sein, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer statt des Zivildienstes ein FSJ oder FÖJ absolvieren.
  3. Das Mindestalter wird durch den Begriff "Erfüllung der Vollzeitschulpflicht" ersetzt. Diese Regelung kommt insbesondere Haupt- und Realschülerinnen zugute. Sie können nun auch den Freiwilligendienst unmittelbar im Anschluss an die Schulzeit leisten.
  4. Erworbene Fähigkeiten können am Ende des Freiwilligen Dienstes durch ein Zeugnis bescheinigt werden. Hiervon erwarte ich eine Aufwertung des freiwilligen Engagements.

 

Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nach unserer Auffassung ein Schritt in die richtige Richtung.

Das Ziel der Landesregierung und der SPD-Fraktion war und ist es, freiwilliges ehrenamtliches Engagement und bürgerschaftliches Engagement zu stärken und aufzubauen. Unsere Aufgabe in Schleswig-Holstein ist es nun, die Möglichkeiten des neuen Gesetzes auf ihre praktische Anwendungsmöglichkeit zur Verbesserung und Ausweitung der Freiwilligendienste zu untersuchen und zu nutzen.

Lassen Sie mich noch ein besonders Augenmerk auf das freiwillige ökologische Jahr werfen. Dieses ist seit nunmehr elf Jahren in unserem Land möglich. Er erfreut sich großer Beliebtheit. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn ich die Entwicklung, die das FÖJ seit seinem Bestehen genommen hat – begonnen mit bescheidenen 30 Teilnehmerinnen, heute auf 100 angewachsen –, als eine echte Erfolgsgeschichte für engagierte junge Menschen bezeichne.

Ein Problem hat der Minister angesprochen: Die vorhandenen 100 Plätze im FÖJ reichen nicht aus. Lange nicht alle jungen Menschen, die bürgerschaftliches Engagement allgemein mit dem Wunsch nach einem Engagement für Umwelt und Natur in einem Freiwilligendienst verbinden wollen, können in Schleswig-Holstein einen Platz hierfür finden. Mit anderen Worten, und bitter für alle, die bürgerschaftliches Engagement junger Menschen fördern wollen: Die Bereitschaft junger Menschen, sich für die Allgemeinheit und für die Umwelt in diesem Bereich zu engagieren, ist weitaus größer als unsere Bereitschaft, ihnen Gelegenheit zur Verwirklichung dieses bürgerschaftlichen Engagements zu geben.

Ich sage mit aller Zurückhaltung: Dies können wir uns eigentlich nicht leisten! Und dies sollten wir uns auch nicht leisten, schon gar nicht, wenn wir alle doch gerade die jungen Menschen aktivieren wollen und ihr Engagement für andere auch im Sinne einer gelungen Werteorientierung junger Menschen auf unsere politischen Fahnen schreiben.

Wir unterstützen den Minister deshalb in seinem Bestreben, die Zahl der Stellen für das FÖJ zu erhöhen; er selbst nannte die Zahl von 30 zusätzlichen Stellen. FSJ und FÖJ haben nach unserer Auffassung für junge Menschen und für unsere Gesellschaft eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung unserer Bürgergesellschaft. Und wenn dann zukünftig noch dazukommt, dass es möglich sein wird, den Zivildienst auch im Rahmen eines FSJ, eines FÖJ zu leisten, zeichnet sich mit etwas Phantasie ein Bild, in dem eigentlich jeder junge Mensch aus einem sehr breit gefächerten Angebot einen Freiwilligendienst wählen kann, der seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Das Freiwilligenjahr alleine ist nicht schon die Verwirklichung der Bürgergesellschaft als solche. Aber es ist ein Baustein, den wir entwickeln wollen.

Der heutige mündliche Bericht wird wichtiges Material sein, wenn es nach den Sommerferien darum geht, den Bericht der Enquete-Kommission „Bürgerschaftliches Engagement“ des Bundestages zu diskutieren und auf seine Anregungen für unsere politische Arbeit hin zu analysieren.

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