19.02.2004

LANDTAGSREDE: Alcopops: Durch höhere Kosten Konsum drosseln

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wir reden von Rigo, Breezer oder Smirnoff-Ice, verpackt in bunt gestaltete Flaschen. Ihr Inhalt schmeckt Jugendlichen und Kindern (!) wie eine Mischung aus Limonade und Freiheit. Sie werden Alcopops genannt, dies ist der Name der neuen Alkohol-Mixgetränke.

Es gibt keine exakte Definition des Begriffes Alcopops. Meistens werden alkoholhaltige Limonaden als Alcopops bezeichnet. Eigentlich gibt es sie schon lange, und die meisten von uns kennen sie in irgendeiner Weise. Berliner Weiße mit Sirup vermischt, Altbier mit Cola gemischt, Cola mit Rum – das sind seit Jahrzehnten Standardgetränke. Neu ist, dass diese Getränke fertig gemixt in kleinen Flaschen auf den Markt kommen. Warum machen wir uns um Alcopops mehr Sorgen als um andere Alkoholgetränke ohnehin schon? Der Erfolg der Alcopops bei Kindern und Jugendlichen basiert zum einen auf der Überdeckung es Alkoholgeschmacks. Es erscheint angenehm, dass der Alkohol selbst dabei nicht oder kaum zu schmecken ist. Gleichzeitig wird aber auch die Wirkung des Alkohols in den Getränken geschätzt.

Eine andere Grundlage des Erfolges dieser Alkopops ist die Tatsache, dass sie sozusagen „auf leisen Sohlen“ daherkommen: Sie sind farbig getrimmt, in bunten Flaschen verpackt, in kleinen Mengen zu konsumieren, locker, leicht präsentiert. Die Bewerbung dieser Produkte setzt bewusst auf diese verharmlosenden Attribute. Sie vermittelt Jugendlichen das Gefühl, dass diese Getränke extra für sie gemacht seien und zu einem jugendlichen Lebensgefühl geradezu dazu gehören. Dazu gehört auch, dass ältere Menschen sie in der Regel nicht konsumieren.

Alcopops sind für den steigenden Alkohol-Konsum von Jugendlichen entscheidend verantwortlich. Obwohl diese Mix-Getränke erst seit wenigen Jahren hier erhältlich sind, steht ihr Konsum bereits nach Bier an zweiter Stelle bei den Jugendlichen, weit vor Spirituosen, Wein und Sekt.

Das ist kein Zufall. Auch die Deutsche Hauptsstelle für Suchtfragen meint, dass diese Getränke entwickelt worden sind, um eine spezielle Kundschaft anzulocken. Und der Geschäftsführer Hüllinghorst von der DHS hat deshalb recht, wenn er Alcopops als Einstiegsdroge bezeichnet und bei Kindern und Jugendlichen das Vorgehen der Getränkeindustrie als eine Art des „Anfixens“ umschreibt.

Für die Getränkehersteller ist der neue Trend eine Goldgrube. Bei Bacardi Deutschland verdreifachte sich der Absatz der Mixgetränke im letzten Jahr auf mehr als 100 Millionen Einheiten. Die Unternehmen wehren sich gegen die Vorwürfe, bewusst Produkte für Jugendliche zu entwickeln. Bis Ende des Jahres sollen zudem alle Alcopops-Flaschen mit dem Aufdruck "ab 18 Jahre" gekennzeichnet werden.

Ich meine – und dies sieht inzwischen auch die Bundesregierung so – diese von den Unternehmen ergriffenen Maßnahmen gehen nicht weit genug. Der Vorschlag, die Alcopops-Getränke mit einer zusätzlichen, empfindlichen Steuer zu belasten, halten wir für einen sinnvollen Weg. Gerade bei der Gruppe besonders junger Konsumenten ist eine drastische Erhöhung des Preises ein geeignetes Mittel, diese vom Kauf solcher Getränke abzuhalten. Wer nur ein begrenztes Taschengeld zur Verfügung hat, überlegt beim Kauf einer doppelt so teuren bunten Alco–Flasche auch doppelt so gründlich vor dem Kauf.

Die Nachbarländer Schweiz und Frankreich machen es bereits vor. In Frankreich wurde schon 1997 eine Zusatzsteuer auf Alcopops eingeführt, die den Preis pro Flasche verdoppelte. Danach brach der Markt für diese Getränke praktisch zusammen.

Ein Aspekt fehlt mir allerdings im Antrag der CDU. Neben allen Maßnahmen, die sie vorschlagen, sollte nicht vergessen werden, dass das Jugendschutzgesetz gerade in diesem Bereich mit aller Härte und Konsequenz angewendet werden sollte. Die Abgabe dieser Getränke an Jugendliche unter 18 Jahren ist verboten. Basta. Darüber sollte auch die bunte Farbe der lustigen Getränke uns selbst nicht hinwegtäuschen. Deshalb begrüßen wir es außerordentlich, dass das Jugendministerium in ihrem neuen  Erlass zum  Jugendschutzgesetz verdeutlicht hat, dass Alcopops unter das absolute Abgabeverbot gemäß § 9 fällt.

Ebenso wichtig wie die geplante Preiserhöhung ist aber auch die öffentliche Diskussion dieses Themas. Nicht nur Jugendliche, sondern auch Eltern haben einen Aufklärungsbedarf. Die Eltern müssen sich darüber informieren, was ihre Kinder trinken und sich der Gefahren bewusst werden. Viele Eltern unterliegen der verharmlosenden Aufmachung der Alcopops ebenso wie ihre Kinder. Sie haben oft keine Ahnung, dass diese nach Konsum einer bunten Flasche bereits einen doppelten Schnaps intus haben.

Lassen Sie mich dann noch auf einen dritten Punkt zurückkommen, den wir im Rahmen der Beratungen Ihres Antrages gerne etwas vertieft diskutieren würden. Eine wichtige Aufgabe der Aufklärung gerade Jugendlicher liegt bei den Kreisen und kreisfreien Städten, die ihre Alkohol- und Drogenberatungsstellen betreiben. Es wäre sehr hilfreich, wenn sie parallel zu ihrem Antrag, Frau Tengler, auf die Mehrheiten der CDU in den Kreisen und kreisfreien Städten hinwirken würden, dass nicht gleichzeitig die Finanzausstattung dieser Beratungsstellen gekürzt wird, wie das z.B. im Kreis Herzogtum Lauenburg, aber auch anderswo geschieht. Der Glaubwürdigkeitsgehalt Ihres Antrages würde damit erheblich steigen.

Ich fasse zusammen:

  1. Alcopops führen zu einem früheren und verstärkten Einstieg junger Menschen in den Alkoholkonsum.
  2. Wir sehen die Notwendigkeit, nach dem Beispiel Frankreichs und der Schweiz durch eine empfindliche Erhöhung des Preises dieser Getränke auf dem Wege der Steuerung den Konsum durch Jugendliche zu drosseln.
  3. Die konsequente Anwendung des Jugendschutzgesetzes darf dabei nicht aus dem Auge verloren werden.
  4. Die Beratungsstellen in unserem Land müssen weiter auch finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben der Aufklärung bei Kindern und Jugendlichen – und Eltern -  effektiv erfüllen können.
  5. Ob Ihr Vorschlag, die Steuereinnahmen direkt in die Finanzierung der Drogenarbeit umzulenken, möglich ist, versehen wir mit einem Fragezeichen und werden die von unserem Finanzminister gründlich prüfen lassen, bevor wir dies fordern.

 

zurück | nach oben