11.03.2004

LANDTAGSREDE: Akteure in der Region sollten Chancen nutzen

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Der Bericht über die Möglichkeiten zur Gestaltung eines Deutsch-Deutschen Grenzweges gehört vielleicht nicht zu den vorrangigen politischen Fragen, die unser Land bewegen. Gerade deshalb bin ich dankbar dafür, dass das Ministerium sich der Frage nach den Chancen eines solchen Weges so ernsthaft gewidmet hat.

Die innerdeutsche Grenze ist nach der Deutschen Wiedervereinigung in weiten Teilen beseitigt worden, und sowohl in Berlin als auch quer durch das Land wurden ihre Spuren schnell und gründlich entfernt. Der Wunsch, Normalität schnell wieder herzustellen, war stärker als der Gedanke an den angemessenen Erhalt von Kulturdenkmälern.

Ob das so gut war, könnte die Geschichte anders beantworten, als wir dies offensichtlich in der Vergangenheit getan haben. Trotzdem oder gerade deshalb behält diese deutsch-deutsche Grenze ihre zeit- und landesgeschichtliche Bedeutung. Welche Chancen sich aus ihr möglicherweise unter verschiedenen Gesichtspunkten für die Region vor Ort ergeben könnten, dokumentiert der vorliegende Bericht.

Die Bitte um den Bericht, der heute vorliegt, stellte deshalb auf drei Bereiche ab:

  1. Wie kann ein Deutsch-Deutscher Grenzweg in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern vernetzt gestaltet werden, und wie können dabei Hinweise und Dokumente auf den Grenzverlauf auch für nachfolgende Generationen dokumentiert und erhalten bleiben.
  2. Wie kann ein solcher Weg touristisch so vermarktet werden, dass er sein Wissen und seine Geschichte an interessierte Menschen weitergibt und damit auch zu einem Tourismus-Standortfaktor für die beteiligten Kommunen wird, und
  3. wie kann dieser Weg in das Konzept des „Grünen Bandes“ mit eingebunden werden.

Der Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen eines solchen Unternehmens auf. Vor allem liefert er zutreffend den Hinweis, dass das Land Schleswig-Holstein bei der Schaffung eines solchen Grenzweges nur begrenzt Hilfen geben kann. Die Handlungsaktiven müssen in der Region selbst tätig werden. Positiv ist: Genau dies geschieht. Ich weiß, dass im Kreis Herzogtum Lauenburg durch die dortige junge Tourismus-Gesellschaft die Idee eines Deutsch-Deutschen Grenzweges bereits verfolgt wird.

Wir sollten die Bedeutung solcher Geschichtswege unter touristischen Gesichtspunkten und wegen ihrer Funktion bei Erhalt eines Stückes des Geschichtsbewusstseins nicht unterschätzen. Nicht nur in Schleswig-Holstein, auch an anderen Stellen in der Welt gibt es sie. Der Boston-Freedom-Trail ist so ein Geschichtsweg. Jeder Besucher dieser Stadt wird durch ihn auf die Stätten auf dem Weg zur Unabhängigkeit Amerikas hingewiesen. Ein weiteres Beispiel ist der Berliner Mauerweg, und nicht zuletzt bei uns der Deutsch-Dänische Grenzweg, den ja viele von uns kennen.

Ich will noch einmal auf das sogenannte Grüne Band zurückkommen, da es meiner Meinung nach eine gute Grundlage für einen Deutsch-Deutschen Grenzweg bilden kann. Das Grüne Band ist eine der wenigen positiven Konsequenzen 50jähriger Grenze durch Deutschland. Es sind die Brachflächen der ehemaligen innerdeutschen Grenzanlagen, die zu wertvollen Biotopen, einzigartigen Lebensräumen für bedrohte Tier- und Pflanzenwelten geworden sind, wie an einer Perlenkette aufgereiht, auch durch Schleswig-Holstein. Von der Ostsee bis zum Vogtland zieht sich ein solches 1.393 km langes grünes Band – zwischen 50 und 200 km breit.

Ein Deutsch-Deutscher Grenzweg in Schleswig-Holstein könnte dieses Grüne Band aufnehmen, das alleine schon ein touristischer Anziehungspunkt ist, und ihn füllen mit der Geschichte seiner Entstehung, dokumentierten Stätten der Geschichte, Dokumentationszentren, ehemaligen Grenzanlagen, Wachttürmen – so weit sie noch erhalten sind.

  1. Die Wege sind vorhanden – vielleicht nicht immer schnurgerade auf der Grenze verlaufend, das ist aber auch nicht erforderlich. Auch Umwege sind Wege.
  2. Die einmaligen Naturräume sind vorhanden – dank der Idee des Grünen Bandes,
  3. die Erinnerung an die Teilung unseres Landes ist heute noch lebendig,
  4. und einiges von dem, was an die Deutsch-Deutsche Grenze erinnert, ist auch noch vorhanden, auch wenn dies nicht mehr viel ist.

Es bleibt den Akteuren vor Ort überlassen, die Anregungen und Möglichkeiten, die im Bericht, aber auch im Antrag aufgezeigt werden, aufzugreifen und umzusetzen. Die Idee eines Deutsch-Deutschen Grenzweges ist unter vielen Gesichtspunkten gut, und ich habe Hoffnung, dass von ihr aufgrund der Initiativen vor Ort letztlich mehr bleibt als diese 30 Minuten-Aussprache im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

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