16.06.2004

LANDTAGSREDE: So viel Schutz wie nötig, so viel Gestaltungsfreiheit wie möglich

Wenn wir heute das Gesetz über Sonn- und Feiertage verabschieden, kann am Fuße der örtlichen Kirche in Hasselberg nahe Geltung, der beliebte Martinsmarkt  wieder stattfinden. Die Veranstaltung war – nach jahrelanger stiller Duldung- untersagt worden, weil ein Bürger die Tatsache, dass sie am Totensonntag stattfand, zum Anlass nahm, auf ein Verbot zu bestehen. Das kann er nun nicht mehr, es sei denn, er macht glaubhaft, dass von diesem friedlichen Treiben eine konkrete Störung ausgehen wird.

Für die Menschen ist der Sonn- und Feiertag neben der Gelegenheit zur  inneren Einkehr und Besinnung ein Tag geworden, an dem sie soziale Kontakte in und außerhalb der Familie erleben, gemeinsam die Freizeit gestalten, Feste und Veranstaltungen organisieren. In vielen Fällen gerieten sie damit in Konflikt mit dem alten Sonn- und Feiertagsgesetz.

Der Innenminister hat dem Parlament  ein neues Gesetz vorgelegt, dass diesen gesellschaftlichen Wandel berücksichtigen sollte. Welche wesentlichen Änderungen bringt das Gesetz:

  1. Das Ziel des Gesetzes wird eindeutig definiert: Öffentlich bemerkbare Handlungen, die dem Wesen der Sonn- und Feiertage widersprechen sind verboten. An dieser Zielvorstellung ist die Zulässigkeit einer Handlung an diesen Tagen zu messen.
  2. Zukünftig besteht ein generelles Verbot für Betätigungen am Sonntag und an  Feiertagen  nicht mehr schon dann, wenn eine abstakte Störung besteht, sondern nur, wenn von  einer konkreten Störung auszugehen ist, die dem Wesen  des Sonn- und Feiertages widerspricht.
  3. Die Entscheinungskompetenz über erlaubte und verbotene Handlungen an Sonn- und Feiertagen wird auf die Ebene der örtlichen Ordnungsbehörden verlagert.
  4. Die stillen Feiertage bleiben ohne Wenn und Aber geschützt,  das betrifft, den Karfreitag, den Volkstrauertag und den Totensonntag.
  5. Das Verbot von Tanzveranstaltungen am Vorabend des Karfreitags, am Ostersamstag bis 18.00 sowie am Heiligabend wird zukünftig entfallen.
  6. Private Verkaufsmärkte, so z.B. Flohmärkte ohne die Beteiligung gewerblicher  Anbieter, sind zukünftig genehmigungsfähig, wenn sie nicht konkret stören .
  7. Videotheken können an Sonntagen ohne zeitliche Begrenzung zu öffnen.
  8. Automatische Waschanlagen und Selbstwaschanlagen für KfZ dürfen betrieben werden

 

Münz- und Selbstbedienungswaschsalons, ebenso wie Saunen, Fitness- und Bräunungsstudios sowie alle Einrichtungen, die unmittelbar der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen, können an diesen Tagen betreiben werden.

Es gab  in der Anhörung auch Bedenken von Seiten der evangelischen Kirche. Ich will auf einige eingehen, weil damit gleich unsere Auffassung zum vorliegenden Änderungsantrag der CDU erläutert wird. Es wurde die Besorgnis geäußert, dass die Kirche, wenn durch ein anderes  Ereignis z.B. ein Gottesdienst gestört würde, erst bei Auftreten dieser Störung den Abbruch dieser Veranstaltung fordern könne, weil vorher ja nicht den konkrete Störcharakter zu bewiesen sei. Außerdem würde eine solche Regelung der Kirche  die undankbare Rolle des „Spielverderbers“ zuweisen, wenn sie auf den Abbruch solcher Veranstaltung dringen würden.

Dies trifft aber so nicht zu. Vielmehr wird es so sein, dass die unteren Ordnungsbehörden von sich auf vorab einschätzen, ob aufgrund der Lage z.B. des Festplatzes und  der Uhrzeit eine Beeinträchtigung  Anderer zu befürchten ist.  Wenn dies gegeben ist, kann die Veranstaltung nicht genehmigt werden. Wir glauben, dass dies ein sehr bürgernahes Verfahren ist, da es auf den Dialog der ortskundigen Ordnungsbehörde und der möglicherweise Betroffenen abstellt. Damit ist auch die Hauptzielrichtung des CDU – Änderungsantrages erledigt. Wir werden ihn deshalb auch ablehnen.

Geändert gegenüber der Gesetzesvorlage des Innenministers wurde mir der Mehrheit des Ausschusses  der § 3 Abs. 1,  in deren ursprünglicher Fassung festgelegt wurde, dass die Sonn- und Feiertage der Erholung, der Festigung zwischenmenschlicher Beziehungen und der Besinnung auf die Grundwerte einer humanen und demokratischen Gesellschaft dienen sollen. Dies alles wollen wir nicht ausschließen, halten es aber für entbehrlich, die Menschen in unserem Land hierauf ausdrücklich zu verpflichten. Wir setzen insoweit auch hier auf Freiwilligkeit.

Die FDP hat ihren Antrag, der sich ausschließlich auf die Öffnung der Waschanlagen für KfZ bezog,  für erledigt erklärt, weil sie den Gesetzentwurf der Regierung und die Änderungsanträge der SPD für überzeugend hielt. Das begrüßen wir.

Es hat etwas gedauert, aber das neue Gesetz ist gut und praktikabel. Es schützt den Sonntag und die Feiertage, wo es notwendig ist, lässt den Menschen aber  Möglichkeiten, diesen Tag selbst bestimmt zu gestalten, so lange andere in ihrer Ruhe nicht gestört werden. Möglicherweise Strittiges wird vor Ort geregelt.

Sie sollten diesem Gesetz Ihre Zustimmung geben.

zurück | nach oben