10.11.2004

LANDTAGSREDE: Lebenspartnerschaftsgesetz ein Meilenstein

Das Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz passt in 26 Artikeln Gesetzesregelungen des Landes an das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes an. Im wesentlichen geht es dabei darum, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft  den Verhältnissen zwischen Ehepartnern gleichzustellen.

Im Juni 2001 hat der Bundestag das Gesetz über gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaften beschlossen, dem wir das entsprechende Landesausführungsgesetz folgen ließen. Seitdem haben Lesben und Schwule ein eigenständiges familienrechtliches Institut, das in einem gesicherten Rechtsrahmen ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben und die Anerkennung ihrer gleichgeschlechtlichen Identität ermöglicht.

Die Versuche einiger unionsregierter Länder, das Bundesgesetz zu stoppen, sind vor dem Verfassungsgericht gescheitert. Es wäre gut, wenn auch die CDU endlich vollständig hinter dem alten Ofen hervorkommt und mit uns gemeinsam den Abbau von sexueller Diskriminierung weiter voranbrächte.

Die Stellung homosexueller Menschen in unserem Land hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Einer dumpfen, unaufgeklärten Ablehnung von Lesben und Schwulen, die Verweigerung gesellschaftlicher Anerkennung ihrer sexuellen Identität ist schrittweise die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften gefolgt.

Ein Meilenstein auf dem Weg zu weniger Diskriminierung war – und ist – das Lebenspartnerschaftsgesetz. Und auch heute, anlässlich der Beratung des Landesanpassungsgesetzes ist es einerseits nur einer kleiner Schritt der Gesetzestechnik, andererseits aber ein großer Schritt für die Menschen, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft ebenso wie dies in heterosexuellen Partnerschaften der Fall ist, Verantwortung füreinander übernehmen wollen.

Keine Frage, wir sind in den letzten Jahren beim Abbau von Diskriminierung sexueller Identität ein großes Stück vorangekommen. So ändern sich die Zeiten: Titelte die Bild-Zeitung noch vor Jahren entsetzt: „Berliner Bürgermeister: Ich bin schwul!“, schreibt sie besorgt vor 4 Wochen: „Bürgermeister nicht mehr schwul?“ Ein gutes Beispiel für Abbau von Diskriminierung.

Aber es gibt auch heute noch Töne, die deutlich machen, dass selbst sogenannte Fachleute an dem alten Bild des verirrten, kranken Homosexuellen festhalten. Lassen Sie mich zur Verdeutlichung  aus einer medizinischen Fachzeitung zitieren:

Der Kieler Neurologe Dr. Flöttmann, er betreibt eine psychotherapeutische Praxis in Kiel, schreibt im Informationsdienst für Neurologen und Psychiater „Neuro-Date“ vom Mai 2004 zum Thema „Homosexualität und Ehe:“

„Wer das Karussell der Verliebtheiten Homosexueller, ihre Kränklichkeiten kennt, das Chaos ihrer Beziehungen, (...) der schätzt den Wert einer in sich ruhenden Familie hoch.“

Und weiter, an anderer Stelle:

„Homosexuelle sind schwer in der Lage, treu zu sein. Verletzungen des Partners ereignen sich häufig. Nach Jahren einer konfliktreichen Freundschaft wird das Verhältnis unter Schmerzen zerstört."

Und dann wendet sich der Herr Doktor an uns:

„Die Homosexuellen haben mit dem ehelichen Gleichstellungsgesetz, mit dem Wunsch nach Kindern, eine ethische Grenze überschritten. Es zeugt von fehlender innerer Ordnung eines Parlaments, eine neurotische Lebenshaltung in Gesetzesform zu gießen.

Die Homosexuellen sprechen sich per Gesetz frei von jeglichem Zweifel an ihrer Fehlhaltung.“

An diesem Artikel beunruhigt mich weniger, dass ein einzelner Arzt diese Auffassung vertritt. Bemerkenswert finde ich aber die Tatsache, dass dieser Artikel in einem medizinischen Fachblatt abgeduckt wird, ohne Kommentar oder gegenteilige Position.

Dies ist vielleicht eine ganz gute Gelegenheit, für meine Fraktion nochmals zu erklären: Wir begrüßen es außerordentlich, dass alle drei Richtlinien des Europäischen Rates zur Schaffung eines bundesdeutschen Antidiskriminierungsgesetzes und auch ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot  für die Merkmale der sexuellen Identität und Orientierung endlich in bundesdeutsches Recht umgesetzt werden.

Deutschland ist in Europa, das wissen wir, in keiner Weise Vorreiter in Sachen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften. In Dänemark gibt es das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft schon seit 1989. In Schweden, Island, Norwegen, Holland und Frankreich gibt es ähnliche Gesetze.

Im Juni 2001, bei der Beratung des Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz,  konnte sich die CDU hier im Landtag – mit wenigen Ausnahmen - nicht dazu entschließen, zuzustimmen. Vielleicht ist das diesmal anders.

Zeit wäre es – auch für Sie.

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