10.05.2007

LANDTAGSREDE: Umfassender Nichtraucherschutz mit möglichst wenigen Ausnahmen

Die Diskussion, ob Rauchen bzw. Passivrauchen gesundheitsschädlich ist oder nicht, ist beendet. Die massive Gesundheitsschädigung durch passives Rauchen ist erwiesen. Selbst die Tabakindustrie bestreitet diese Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen nicht. Die Zahlen und Ergebnisse des deutschen Krebsforschungszentrums werden in keiner Diskussion in Zweifel gezogen, es sei denn, man unterhält sich mit Vertretern des DEHOGA in Schleswig-Holstein.

Deutschland ist auf dem Weg zu einem umfassenden Nichtraucherschutz. Wir folgen damit anderen europäischen Ländern, in denen bereits vor Jahren konsequente Regelungen getroffen worden sind.

Es geht nicht darum, Rauchern ihren Genuss zu vermiesen. Diese Entscheidung muss und kann jeder selbst treffen. Von daher, lieber Kollege Garg, ist Ihr Gerede von einem „Kesseltreiben gegen die Raucher“ ziemlich substanzlos und populistisch. Aber überall dort, wo Raucher und Nichtraucher sich begegnen können, soll der Nichtraucherschutz Vorrang haben.

Versuche, einen wirksamen Nichtraucherschutz in Deutschland ohne gesetzlichen Zwang, auf der Basis freiwilliger Regelungen, umzusetzen, sind leider zu häufig gescheitert. Diese Bemühungen führten nur zu Insellösungen, aber nicht zu einem umfassenden Schutz vor Tabakrauch.

Nun ist der Bund mit einer ersten Gesetzgebung aktiv geworden. Danach wird das Rauchen grundsätzlich in allen Einrichtungen des Bundes verboten sein. In Behörden, Dienststellen, Gerichtsgebäuden, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Bahnen, Bussen, Taxen und Fahrgastschiffen sowie in Bahnhöfen. Gleichzeitig wird der Arbeitsschutz durch den Nichtraucherschutz verbessert und der Jugendschutz verschärft, indem das Alter für die Abgabe von Zigaretten von 16 auf 18 Jahre angehoben wird. Das ist ein Anfang, damit Deutschland nicht weiter Schlusslicht beim Nichtraucherschutz in Europa bleibt.

Nach der Neuordnung des Föderalismus ist die Gesetzeskompetenz für den Nichtraucherschutz in Gaststätten und einigen anderen öffentlichen Bereichen und Einrichtungen auf die Länder übergegangen.

Die Landesregierung hat, dies ist nicht nur uns allen, sondern auch der FDP bekannt, ein Nichtraucherschutzgesetz im Kabinett beschlossen. Dieses befindet sich in der Anhörung. In diesem Gesetz werden Regelungen zum Nichtraucherschutz getroffen, die sich an der Vereinbarung der Ministerpräsidentenkonferenz zum Nichtraucherschutz vom 22.3.2007 orientiert.

Was sieht der Regierungsentwurf vor? In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, in Kindertagesstätten, Schulen, Ausbildungseinrichtungen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Universitäten, Einrichtungen der Jugendhilfe sowie allen Einrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser, Tageskliniken und Einrichtungen der Behindertenhilfe soll das Rauchen verboten sein. Das gleiche gilt für alle Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen einschließlich landesunmittelbarer Körperschaften, ebenso in Theatern und Museen. Gleichzeitig sind die Länder übereingekommen, in Gaststätten und Diskotheken ein Rauchverbot in geschlossenen Räumen, unabhängig von Größe und Betriebsart zu verwirklichen. Ausnahmen sollen nur in komplett abgetrennten Nebenräumen möglich sein. Auch diese Regelung findet sich in dem Kabinettsentwurf.

Alles ist also auf einem guten Weg. Einige Bundesländer, darunter auch Niedersachsen, haben zwar zunächst erklärt, sie wollten im Bereich der Gaststätten so genannte liberale Lösungen zulassen. Stichworte hierzu sind „Eckkneipenregelung“, „inhabergeführte Gaststätten“, in denen das Rauchen weiterhin erlaubt sein soll, sowie mit einem „R“ als Rauchergaststätten gekennzeichnete Gaststätten oder ähnliches mehr.

Inzwischen hat sich der Rauch zumindest im norddeutschen Raum etwas gelichtet. Die ursprüngliche Absicht Niedersachsens, solche Regelungen einzuführen, wurde vom Ministerpräsidenten Wulff fallen gelassen ‑ auch auf Druck des Partners FDP. Man hat offensichtlich erkannt, dass von der Bevölkerung solche Regelungen nicht gewünscht werden, zum anderen ist aber auch die rechtliche Machbarkeit von Sonderregelungen, bis hin zu verfassungsrechtlichen Erwägungen, kritisch einzustufen.

Deshalb zeichnet sich im norddeutschen Raum ab, dass alle Bundesländer –Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, jetzt auch Niedersachsen und, wenn der Regierungsentwurf Bestand hat, Schleswig-Holstein ‑ einheitlich in allen Gaststätten, unabhängig von Größe und Beschaffenheit, den Nichtraucherschutz umsetzen. Lediglich in fest abgetrennten Nebenräumen soll die Möglichkeit bestehen, Raucherzimmer einzurichten.

Damit wäre eine wesentliche Forderung des Ministerpräsidenten, die wir teilen, erfüllt: Für den Nichtraucherschutz in Schleswig-Holstein soll nichts anderes gelten, als in unseren norddeutschen Nachbarländern. Kein norddeutscher Flickenteppich, sondern einheitliche Regelungen in Deutschlands Norden.

Nun ist bei der FDP natürlich bekannt, dass zwischen CDU und SPD in einigen Punkten noch Diskussionsbedarf besteht, sonst hätte sie sich vermutlich den Spaß eines eigenen Gesetzesentwurfes gar nicht gemacht. Aber sie werden erleben: Wir werden uns einigen.

Eigentlich haben wir gedacht, dass wir dieses Thema anhand des von der Regierung angekündigten Gesetzentwurfes diskutieren. Nun ist die FDP vorgeprescht und hat ihrerseits einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf ist weitestgehend in Ordnung, er orientiert sich an der Vereinbarung der Ministerpräsidenten zum Nichtraucherschutz. Lediglich im Bereich der Gaststätten kommt der Gesetzentwurf der FDP nun zu einem anderen Ergebnis, in dem er eine „olle Kamelle“ ausgräbt: Er greift fast wörtlich den alten, in der Zwischenzeit von der FDP-CDU-Koalition in Niedersachsen wieder einkassierten Gesetzentwurf auf, indem er in Gaststätten die Möglichkeit lassen will, auf freiwilliger Basis Raucher bzw. Nichtraucherlokale auszuweisen. Was die FDP nun geritten hat, diesen überholten Entwurf einzubringen und damit einen Hofknicks vor DEHOGA und Tabakindustrie zu machen, mag jeder selbst bewerten.

Wir werden den Gesetzentwurf der FDP, wie es sich gehört, in den Sozialausschuss und den Innen- und Rechtsausschuss überweisen, ich gehe aber davon aus, dass wir die Beratung und Anhörung gemeinsam mit dem Gesetz, das die Regierung uns angekündigt hat, durchführen werden.

Wir werden in Schleswig-Holstein überall dort, wo wir die Gesetzeskompetenz zur Regelung haben, einen umfassenden Nichtraucherschutz mit möglichst wenigen Ausnahmen durchsetzen. Dabei wird meine Fraktion sich von folgenden Grundsätzen leiten lassen:

  1. In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, in Kindertagesstätten, Schulen, Ausbildungseinrichtungen, Hochschulen. Sportstätten und anderen Freizeiteinrichtungen wird das Rauchen verboten sein.
  2. Und natürlich wird auch in Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie Krankenhäusern, Tageskliniken und Reha-Einrichtungen Rauchen verboten sein.
  3. In allen Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen einschließlich landesunmittelbarer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen wird das Rauchen verboten.
  4. Das gleiche gilt für Theater, Kinos und Museen.
  5. Ausnahmen werden nur zugelassen, wenn zwingende konzeptionelle oder therapeutische Gründe dies rechtfertigen.
  6. Gleichzeitig wird in allen Gaststätten des Landes Schleswig-Holsteins das Rauchen verboten. Ausnahmen dürfen nur in Nebenräumen gelten. Was abgetrennte Räume sind, was Nebenräume sind, ist dabei noch genau zu definieren.
  7. Wir wollen einheitliche Regelungen insbesondere im Bereich der Gaststätten in den norddeutschen Ländern, hierbei unterstützen wir ausdrücklich die Intention des Ministerpräsidenten.
  8. Und wir wollen das Rauchen in Diskotheken wegen der dort erwiesenermaßen besonders hohen Feinstaubbelastung verbieten. Inwieweit auch hier das Rauchen in Nebenräumen erlaubt werden kann bzw. muss, wird die weitere Diskussion ergeben, Aber auch hier soll gelten: Eine norddeutsche Regelung hat Vorrang vor Kleinstaaterei.

 

Von daher: Schön, dass wir drüber gesprochen haben, Herr Garg, Ihre Initiative war eine Fleißarbeit, aber nicht nötig, mit etwas mehr Geduld hätten Sie sich sogar die Anhörungsergebnisse für Ihre konstruktive Mitarbeit an diesem für die Menschen in Schleswig-Holstein wichtigen Gesetz zunutze machen können.

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