17.06.2008

LANDTAGSREDE: Wer außer den Grünen wünscht diese Änderungen?

Bündnis 90/Die Grünen haben den Bericht erbeten um zu klären, ob zusätzliche Öffnungszeiten an Sonntagen nach § 9 Abs. 1 Ziffer 2 LöffzG möglich sind oder möglich gemacht werden sollen. Das alleine ist erstaunlich. Bündnis90/Die Grünen haben hier offensichtlich einen rasanten Kurswechsel hinter sich. Bei der Verabschiedung des Gesetzes hatten sie sich noch unmissverständlich gegen eine Liberalisierung der Öffnungszeiten insgesamt ausgesprochen. So erklärte der Abgeordnete Matthiessen noch am 29.11.2006: „Diese so genannte Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten macht nicht frei, sondern wir unterwerfen uns damit einem unbegrenzten Ökonomismus.“ Hört, hört!

Anlass für den Antrag war offensichtlich eine Aussage der CIMA, nach der zusätzliche Potentiale im Einzelhandel zu erschließen seien, indem die Kaufkraft der Passagierinnen und Passagiere von Kreuzfahrtschiffen an Sonntagen genutzt wird. Ob das Gutachten der CIMA tatsächlich das ausweist, ist allerdings fraglich. Selbst die IHK Kiel hat sich in einer Presseerklärung vom 20. Mai gegen eine Erweiterung der Öffnungsregelung an Sonntagen ausgesprochen:

„Das in einem Gutachten präsentierte zusätzliche Umsatzpotential an Sonntagen ist keinesfalls ausreichend, um ganzjährige und auch nur auf die Kreuzfahrersaison beschränkte Sonntagsöffnung zu rechtfertigen. (….) Nach unseren Schätzungen reicht das in der Studie ermittelte Potential gerade einmal aus, um bestenfalls drei bis vier größere Warenhäuser bzw. Facheinzelhändler auszulasten.“

Und weiter: „Die Erfahrungen, von denen die Einzelhändler in der Vergangenheit mit Sonntagsöffnungen zur Kieler Woche berichten, zeigen der IHK: Derartige Events machen die Stadt zwar lebendig, sie bieten dem Einzelhandel unter dem Strich aber keinen Mehrwert.“

Das vom Schleswig-Holsteinischen Landtag zum 1.12.2007 verabschiedete Ladenöffnungszeitengesetz lässt zwei Möglichkeiten, das Öffnen von Geschäften an Sonntagen zu gestatten. Zum einen ist das der § 5, der an bis zu vier Sonntagen es gestattet, in Verbindung mit besonderen Ereignissen regional begrenzt zu öffnen. Hiervon macht die Stadt Kiel bereits Gebrauch, wie ich meine, sogar über den gesetzlich zulässigen Rahmen hinaus.

Die zweite Möglichkeit ist eine Ausweitung der Bäderregelung nach § 9 Abs. 1. Diese Bäderregelung ist, wie wir wissen, verfassungsrechtlich umstritten. Wir haben bei der letzten Beratung dieser Bäderregelung als SPD-Fraktion gesagt, dass wir jede Öffnung an Sonntagen, die über die jetzt bestehende und über die genannten Orte hinausgeht, ablehnen.

Die SPD-Fraktion hat eine Liberalisierung des Ladenöffnungszeitengesetzes im Jahr 2007 mitgetragen. Danach können seitdem in Schleswig-Holstein die Geschäfte Montag bis Samstag rund um die Uhr öffnen. Wohlgemerkt: sie können, müssen es deshalb natürlich noch lange nicht.

Das ist meiner Fraktion seinerzeit nicht leicht gefallen. Natürlich bedeutet es auch, dass ArbeitnehmerInnen zu Zeiten arbeiten müssen, zu denen sie lieber in ihren Familien wären. Aber das alte Ladenschlussgesetz war nicht mehr zeitgemäß, das haben wir akzeptiert. Verbunden haben wir die Zustimmung zu diesem Gesetz mit der Erwartung, berechtigte Ansprüche, die sich aus der veränderten Arbeitszeit für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ergeben, in Tarifverträgen einvernehmlich zu regeln.

Wichtig war uns bei dem neuen Gesetz, dass die Sonntage geschützt bleiben. Wir wollten damit auch denjenigen Rechnung tragen, die in den christlichen Kirchen Wert auf einen Schutz des Sonntags legen oder die aus gewerkschaftlichen und weltanschaulichen Gründen den Sonntag als einen besonderen Tag in der Woche erhalten wollten. Deshalb haben wir die Möglichkeit, an Sonntagen zu öffnen, in § 5 auf vier Sonntage im Jahr begrenzt.

Die Bäderregelung in § 9 ist ein verfassungsrechtlich gesehen fragiles Instrument. Bisher ist es gelungen, diese Bäderregelung von Klagen freizuhalten, weil mit Augenmaß damit umgegangen wurde und Rücksicht auf die Belange der Kirchen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genommen wurde. Aber Kirchen und Gewerkschaften haben auch gesagt: Bis hierher und nicht weiter. Das akzeptieren wir und werden deshalb Änderungen an der Bäderregelung, vor allem was die Ausweitung der Orte angeht, nicht zulassen.

Die Wirtschaft will es nicht, die Gewerkschaften wollen es nicht, die Kirchen haben deutlichen Widerstand angekündigt und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit steht in Frage. Warum sollten wir eine solche Änderung unterstützen?

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