25.08.2011

LANDTAGSREDE: Kommunalisierung destabilisiert das Versorgungssystem

Landtagsrede vom 25.08.2011 zu TOP 21, Stand der Umsetzung der Kommunalisierung der Fördermittel aus dem Sozialvertrag II ab 2012 (Drucksache 17/1618)

Der Sozialvertrag war einmal eine sehr gute Idee unserer letzten wirklichen Sozialministerin, Frau Dr. Trauernicht, um die Entwicklung der Standards in sozialen Aufgabenfeldern intelligent mit dem uns drängenden Zwang zur Kostenoptimierung zu verbinden. Die Verbände, die Aufgaben für uns übernehmen, erklärten sich bereit, damals 10 % an Einsparungsvolumen zu erbringen, wollten dafür aber Gestaltungsspielraum und Handlungssicherheit erhalten. Die Qualität und inhaltliche Ausrichtung wurden über Zielvereinbarungen festgelegt. Das war ein sinnvoller und kluger Weg, den leider die neue Landesregierung unter ihrem jetzigem Sozialminister nicht weitergegangen ist.

Wir halten die jetzt vorgesehene und hier noch einmal vom Minister dargestellte Kommunalisierung für einen Fehler. Sie kündigt das kooperative Verhältnis mit den Wohlfahrtsverbänden auf und verlagert die Verantwortung und vor allem die Mittel wieder auf die kommunale Ebene, wo sie verteilt werden sollen. Nicht nur wir, auch die Träger befürchten, dass durch diese weitere Ebene im Ergebnis weniger Geld bei den betroffenen Angeboten ankommt als vorher.

Und ganz offensichtlich ist das ganze Konzept noch nicht zu Ende gedacht. Die Begründung, dass es sich bei den gemäß Sozialvertrag II geförderten Maßnahmen der ambulanten Suchtkrankenhilfe und der offenen Hilfen im Bereich der dezentralen Psychologie um originäre Aufgaben der Kommunen handelt, ist nicht einmal zur Hälfte richtig.

Natürlich hat das Land eine Aufsichts- und auch eine Strukturverantwortung, die sie genau über den Sozialvertrag II in vertrauensvoller enger Kooperation mit den Trägern wahrnehmen soll. Überhaupt nicht sichergestellt ist ‑ und Ihre Ausführungen haben unsere Bedenken eher bestärkt ‑, dass das Geld, verteilt durch die Kreise und Städte, dann wirklich an den vorgesehenen Stellen für die vorgesehenen Zwecke landet.

Obwohl dieses neue Projekt am 01.01.2012 beginnen soll, ist der Rahmen der Kommunalisierung noch nicht festgezurrt und die Verbände wurden nicht in den Prozess umfassend eingebunden. Das Ganze geht einher mit der von Ihnen beschlossenen 15 %-igen Kürzung auch in diesem Bereich, was die Verunsicherung der Träger, aber vor allem die Destabilisierung des gesamten Versorgungssystems im Bereich der Suchtkrankenhilfe und der dezentralen Psychiatrie zur Folge haben wird.

Einen einvernehmlichen Verteilungsschlüssel für das Geld auf die Kommunen gibt es bisher noch nicht. Und dabei fällt auf, dass der Minister die bisherige Mittelverteilung beibehalten will. Das begrüßen die Städte. Nur, warum dann eigentlich die ganze Aktion, wenn es keine Veränderungen geben soll? Der Landkreistag hingegen steht der geplanten Mittelverteilung skeptisch gegenüber und fordert, im Gegensatz zum Städteverband, eine veränderte Verteilung der Mittel. Die Chance, über eine Mittelverteilung nachzudenken, die sich an den realen Bedürfnissen orientiert und auch präventive Ansätze berücksichtigt, wurde von Ihnen damit gleich mit vertan.

Nun könnte man sicher über die eine oder andere Verschiebung von Mitteln nachdenken, hier hat sich im besonderen Bereich der Suchtkrankenhilfe eine Struktur tradiert, die eine deutliche Besserstellung der Städte gegenüber den Landkreisen zur Folge hat. Wir sind allerdings der Meinung, dass auch gerade dies nur im fairen Dialog mit den Trägern, besser auf der Basis der Strukturen des Sozialvertrags II hätte begonnen werden können.

Unter dem Strich bleibt für zwei wichtige Bereiche der unterstützenden und beratenden Hilfen ein vom Ministerium ohne jede Not ausgelöstes Organisations- und Strukturchaos, das jetzt unter Zeitdruck bis zum 01.01.2012 in kontroverser Diskussion mit den Städten, den Trägern, als auch den Landkreisen gelöst werden muss.

Ich fasse zusammen: Auch hier bleiben sie bei Ihrem  Motto: „Die meisten Probleme, die wir im Sozialministerium zu lösen haben, haben wir zuvor selbst geschaffen.“

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