16.06.2010

LANDTAGSREDE: Wo bleibt der Sparbeitrag von Ministerpräsident und Ministern?

Landtagsrede vom 16.06.2010 zu TOP 10, Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes (Drucksache 17/608)

Die regierungstragenden Fraktionen legen einen Gesetzentwurf vor, der schon erstaunlich ist. Nicht in der Sache – auch meine Fraktion wird sich in diesen schwierigen Zeiten nicht der Notwendigkeit verschließen, ihren Beitrag zu leisten durch einen angemessenen Verzicht.

Was erstaunt, ist die Art und Weise, wie die Fraktionen von CDU und FDP dies auf den Weg bringen und vor allem: wie sie es begründen.

Da tagt eine Kommission unter der Leitung des Finanzministers im Auftrag der Regierung und kommt zu vielen Ergebnissen noch kennen wir ja gar nicht alle unter anderem zu dem Sparvorschlag, das Parlament solle die Zulagen für Spitzenpositionen bei Abgeordneten um 10 % senken. Dabei haben sie das Volumen, das sie jetzt zur Einsparung vorschlagen, vor wenigen Monaten erst selbst geschaffen, indem sie die Zahl der Vizepräsidenten fast verdoppelt haben.

Und die Regierungsfraktionen begründen das Gesetz man höre und staune so: „Mit den vorgesehenen Änderungen des Abgeordnetengesetzes werden Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission zur Konsolidierung der Finanzen des Landes Schleswig Holstein umgesetzt.“

Das ist schon ein erstaunliches Parlamentsverständnis.

Wir jedenfalls sind der Auffassung, dass dieses Parlament selbst und in großer Eigenständigkeit und nach angemessener Beratung über Änderungen des Abgeordnetengesetzes entscheiden sollte. Und dies ohne jeden Druck und ohne Einmischung durch Regierung oder regierungsnahe Kommissionen.

Des Weiteren ist der vorgelegte Entwurf handwerklich unsauber. Denn es ist unklar, ob bei der Kürzung Prozente oder Prozentpunkte gemeint sind.

Lassen sie mich zu einem weiteren Punkt kommen.

Wenn es denn sein soll, dass hier quasi auf Zuruf – oder Zupfiff der Regierung Veränderungen an der Abgeordnetenversorgung vorgenommen werden sollen, dann doch bitte auch auf Regierungsseite. Man hätte schon erwarten können, dass zeitgleich auch offengelegt wird, welchen Sparbeitrag der Ministerpräsident und die Minister selbst leisten.

Wir sind zum Beispiel der Auffassung, dass auch die Altersversorgung für Mitglieder der Regierung auf das Modell umgestellt werden sollte, das für Abgeordnete gilt, wie die Fraktion Bündnis 90/die Grünen das vorgeschlagen hat, also die Umstellung auf einen der gesetzlichen Rentenversorgung zumindest in der Beitragshöhe entsprechenden Rahmen. Es interessiert uns schon, wie die regierungstragenden Fraktionen zu dem von den Grünen vorgelegten Antrag stehen. Oder an welcher Stelle denn die Regierung selbst sich durch Verzicht ihrerseits – weil ein Gesetz erst zur nächsten Legislatur greift – solidarisch, also durch einen freiwilligen Beitrag, an der Konsolidierung des Haushaltes beteiligt.

Dass Sie so sehr darauf dringen, dass die Änderung des Abgeordnetengesetzes zum 1. August in Kraft tritt, soll offensichtlich in populistischer Weise den Eindruck erwecken, die eher geringen Einsparungen bei den Schleswig-Holsteinischen Abgeordneten seien ein Äquivalent für die gravierenden Eingriffe, die Sie zum gleichen Zeitpunkt für Eltern mit Kindern durch die Streichung des beitragsfreien dritten Kindergartenjahres herbeiführen. Ich glaube, Sie haben nicht den Hauch einer Ahnung, was die Streichung dieser Befreiung für die betroffenen Familien bedeutet!

Lassen sie mich noch etwas Grundsätzliches sagen. Die Frage der Abgeordnetenentschädigung ist nicht einfach in das Belieben des Parlaments gestellt. Und auf keinen Fall in das Belieben der Regierung.

Laut Artikel 11 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein gehört der Anspruch der Abgeordneten auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung zu ihren Statusrechten. Dieser Anspruch sichert die Freiheit des Mandats materiell ab. Dieser Grundsatz gehört also zu den Essentialen des demokratischen Prinzips und ist für die verfassungsmäßige Ordnung wesentlicher Bestandteil.

Nun will ich nicht behaupten, die jetzt vorgeschlagene Absenkung gefährde diesen Grundsatz materiell. Aber was bedeutet es eigentlich für das Ansehen unseres Parlaments, wenn wir selbst bzw. einzelne Fraktionen die Entschädigung und damit die Frage der Unabhängigkeit der Abgeordneten einer gewissen Beliebigkeit preisgeben?

Der Antrag der Fraktion Die Linke reiht sich übrigens in diesen Systembruch nahtlos ein.

Ich wiederhole noch einmal: Wir sperren uns nicht, auch einen Beitrag der Abgeordneten zu leisten, schon aus Solidarität mit all den Menschen und Organisationen, denen Einschränkungen und Kürzungen der schmerzlichsten Art bevorstehen. Wir erwarten aber, dass dies in einer geordneten und dem Verfassungsrang der Abgeordnetenentschädigung angemessenen Weise geschieht. Das ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf leider nicht gewährleistet.

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