09.09.2010

LANDTAGSREDE: Eine einvernehmliche, funktionierende Bäderregelung ist möglich

Landtagsrede vom 09.09.2010 zu TOP 14 + 51, Änderung des Ladenöffnungszeitengesetzes und Bericht zur Bäderverordnung (Drucksachen 17/806 und 17/479)

Über die so genannte Bäderregelung haben wir zuletzt ausführlich im Jahr 2005 geredet. Auch damals, weil Mecklenburg-Vorpommern Vorreiter war; es ging um die Erweiterung der Öffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen und in den Abendstunden. Die Meinungen gingen damals schon weit auseinander, im Besonderen die FDP war der Auffassung, dass Sonntagsöffnungszeiten überhaupt nichteingeschränkt werden sollten.

Nun hat es in der Zwischenzeit ein klarstellendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu der Sonntagsöffnungsregelung in Berlin gegeben und das Greifswalder Oberverwaltungsgericht hat in Mecklenburg-Vorpommern die Bäderregelung, die in weiten Teilen unserer sehr ähnlich ist, auf Klage der Kirchen gekippt.

Auch bei uns ist eine Klage der beiden großen Kirchen gegen die Bäderregelung erhoben worden; sie ruht im Moment, weil man versuchen will, einen Konsens zu finden, der die Interessen der Gäste, aber auch des Handels berücksichtigt. Das halten wir für vernünftig und auch wenn wir seinerzeit die jetzige Bäderregelung getragen haben, hatten wir sehr wohl schon die Probleme erkannt.

Die Bäderregelung hat sich in Schleswig-Holstein grundsätzlich bewährt. Sie ist für die Wirtschaft und den Handel in den tourismusgeprägten Orten, besonders an Ost- und Nordsee, ein wichtiger Umsatzfaktor. Und sie ist begründet, damit Urlauber und Urlauberinnen, die für sie wichtigsten Tage im Jahr in unserem Land verbringen, sich auch am Sonntag in wohl begrenzter Weise mit Artikeln des täglichen Bedarfes versorgen können.

Es ist aber auch von uns unbestritten, und hier stehen wir an der Seite der Kirchen und der Gewerkschaften, dass der Sonntag auch weiterhin ein Tag der Ruhe und Besinnung sein soll, ein Tag, der sich in seinem Charakter auch als Tag der Familie deutlich von den anderen Alltagen unterscheidet. Deshalb geht es darum, einen ausgewogenen Interessenausgleich zu finden.

Juristisch ist der Sonntag ausdrücklich durch Artikel 139 des Grundgesetzes geschützt. Das Greifswalder OVG hat nun ‑ auf die Situation in Mecklenburg-Vorpommern bezogen ‑ deutlich gemacht, dass die dortigen Vorschriften gegen das für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vom Grundgesetz festgelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis verstoßen. Die Bäderregelung ermögliche nämlich fast ganzjährlich den gewerblichen Verkauf an Sonntagen.

Dieses Urteil kann uns in Schleswig-Holstein wegen seiner Regelungsnähe zu der Situation in Mecklenburg-Vorpommern nicht unberührt lassen. Es kommt jetzt darauf an, mit den Kirchen und Gewerkschaften, aber auch mit den Einzelhändlern eine ausgewogene Regelung zu finden, die unter Berücksichtigung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses den Sonntag als verfassungsmäßig geschützten Tag erhält und in begrenzten Zeitfenstern den Kauf bestimmter Güter in bestimmten Orten ermöglicht.

Worüber müssen wir nachdenken? Zunächst einmal ist festzustellen, dass seit der Änderung des Ladenöffnungszeitengesetzes sich ohnehin eine andere Situation ergeben hat; da regelmäßig die Ladenöffnungszeiten freigegeben sind, geht es also nur noch um Sonn- und Feiertage. Das schafft Spielraum.

Da ist einmal die Liste der Orte. Hier sehe ich durchaus einige Orte, die diese Regelung überhaupt nicht in Anspruch nehmen und deshalb auch nicht unbedingt aufgelistet werden müssen.

Wir werden weiter darüber nachdenken, zu welchen Stunden des Sonntages die Geschäfte öffnen dürfen.

Drittens: Welche Warengruppen sollen zu diesen Zeiten angeboten werden dürfen?

Und die 4., wohl wichtigste Frage, die zu klären ist, ist die Frage, wie viele Wochen und an welchen Wochen im Jahr die Geschäfte in den Touristenbereichen geöffnet werden dürfen. Besonders hier, das muss man zugestehen, sind wir sehr weit gegangen, indem wir fast das ganze Jahr zur Ausnahme erklärt haben. Dies scheint mir der wichtigste Punkt zu sein, an dem ändernd gestaltet werden muss. Ob das im Gesetz geschieht oder in der Bäderregelung selbst, sollten wir in Ruhe erörtern.

In Mecklenburg-Vorpommern hat man inzwischen eine einvernehmliche Regelung gefunden, die ausgewogen ist. So ist dort die Öffnungszeit in der neuen Bäderverkaufsverordnung am Sonntag um zwei Stunden reduziert.

Die Verordnung gilt in 96 Orten, vorher waren es 149 und dies zwischen dem letzten Sonntag im März und Ende Oktober.

Die Sortimente wurden auf den regionaltypischen touristischen Bedarf eingeschränkt. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 1.500 qm sind ausgeschlossen. Sie sehen, in Mecklenburg-Vorpommern hat man eine Regelung gefunden, die offensichtlich funktioniert. Bei uns wird das auch möglich sein.

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