21.03.2012

LANDTAGSREDE: Schwarz-Gelb blockiert Transparenz der Politik

TOP 6, Änderung des Landesministergesetzes, des Abgeordnetengesetzes und des Landesbeamtengesetzes (Drucksachen17/402, 17/403, 17/404, 17/405, 17/2363)

Ich frage mich gerade, ob vor zwei Jahren hier jemand im Haus geahnt hat, dass wir heute ‑ eben genau 24 Monate später ‑ mit all diesen Anträgen wieder hier stehen, ohne Ergebnis, mit völlig leeren Händen. Und das letztlich nicht vor uns selbst, sondern auch vor den Bürgerinnen und Bürgern.

Bereits vor zwei Jahren habe ich schon darauf hingewiesen, dass dieses ganze Paket bereits 2008 von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt wurde. Das sind noch zwei Jahre mehr. Wir konnten damals als Sozialdemokraten nicht zustimmen, weil schon damals die CDU in der großen Koalition blockierte.

Was sollte auf den Weg gebracht werden? Die Regelungen über die Angabe von Nebentätigkeiten sollten in das Abgeordnetengesetz aufgenommen und nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes des Bundestages geändert werden. Damit wären alle Tätigkeiten und Einkünfte anzeigepflichtig und zu veröffentlichen. Die bisherigen Privilegien von Einkünften als Anwalt, Notar, Steuerberater, aus publizistischer und gutachterlicher Tätigkeit sowie aus Unternehmensbeteiligungen würden nicht mehr gelten. Verstöße würden mit einem Bußgeld geahndet.

Gleichzeitig sollten die einzelnen anzeigepflichtigen Tatbestände geregelt werden. Auch sollte hier eine Sonderregelung für Rechtsanwälte, Steuerberater und andere beratende Berufe eingefügt werden, die eine Anzeigepflicht vorsieht, wenn eine Grenze überschritten wird.

Die berufsspezifischen Verschwiegenheitspflichten wären gewahrt worden. Das Landesministergesetz sollte eine eigenständige Regelung für Nebentätigkeiten der Minister erhalten. Es sollte dann keine Genehmigungs-, sondern eine Anzeigepflicht geben, wobei die Nebeneinkünfte veröffentlicht werden müssen. Das Landesbesoldungsgesetz sollte dann so geregelt werden, dass die Änderungen auch für Staatssekretäre gelten, also insgesamt ein Paket für mehr Transparenz in der Politik.

Das wäre ein gutes Gesetz geworden, das wären gute Regelungen geworden, die in die Zeit gepasst hätten und den Erwartungen der Bevölkerung entsprechen. Aber welche traurige Karriere hat dieses Gesetz genommen! Im März 2010 wurde es in den Ausschuss überwiesen und dort wurde es von CDU und FDP eingemottet. Fadenscheinige Begründung: Man könne ja nichts machen, solange man nicht wüsste, was denn im Bundestag zu diesem Thema gemacht wird. Als wenn das Land Schleswig-Holstein darauf angewiesen wäre, seine Transparenz davon abhängig zu machen, wie transparent der Bundestag ist!

Spätestens als klar war, dass man auch im Bundestag zu keinem Ergebnis kommen würde, hätte man erwarten können, dass die Regierungsfraktionen hier etwas tun. Aber nichts haben sie getan. Das Gesetz kommt aus dem Ausschuss nach zwei Jahren so wieder zurück, wie wir es reingegeben haben.

Was für ein Trauerspiel! Man könnte denken, es hat sich nichts geändert.

Aber das stimmt nicht – es hat sich viel geändert und offensichtlich haben Sie das nicht mitbekommen. Die Bürger und Bürgerinnen akzeptieren diese Geheimniskrämerei um Nebeneinkünfte und mögliche Abhängigkeiten von Politikern nicht mehr – spätestens seit der Wulff-Affäre. Es wäre ein gutes Zeichen dieses Landtages gewesen, gerade nach den unseligen Ereignissen um den Rücktritt des ehemaligen Bundespräsidenten Wulff, dessen Verhalten Verwunderung, Ablehnung und Unverständnis in der Bevölkerung ausgelöst hat, weil es intransparent war.

Hier hätte der Schleswig-Holsteinische Landtag ein Zeichen setzen können, dass zumindest wir verstanden haben und ein Zeichen der Transparenz setzen. Sie haben offensichtlich nicht mitbekommen, wie intensiv in der Bevölkerung die Debatte über Transparenz der Einkünfte von Abgeordneten und Ministern sowie die Anrechnung von Einkünften auf Diäten, Bezügen und Pensionen geführt wird.

Wir jedenfalls halten es für vernünftig, in Schleswig-Holstein ein Abgeordnetengesetz zu haben, das den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, sich ein eigenes Bild von der Abhängigkeit der Abgeordneten zu machen. Es geht auch um konkrete, praktikable Regelungen, die den Landtagspräsidenten die Möglichkeit geben, Verstöße zu ahnden. Warum um alles in der Welt wollen Sie das nicht?

Wir wollten anzeigepflichtige Tatbestände im Einzelnen aufführen, wobei aber die meldepflichtigen Einkommensstufen so gestaltet werden, dass möglicherweise konkurrierende Berufsgeheimnispflichten nicht gefährdet werden. Alles durchdacht, alles möglich, aber eben alles von Ihnen nicht gewollt. Und dass das so ist, wird dadurch deutlich, dass Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, auch nur ein einziges Argument gegen unser Gesetz zu stellen. Das ist ein Armutszeugnis und setzt Sie dem Verdacht der Interessenvertretung in eigener Sache aus: Keine Kontrolle, keine Offenlegung der eigenen Verhältnisse. Ich kann nur sagen: Sie haben nichts verstanden und ich bin sicher, wenn Sie es eines Tages tun, wird es ein bitteres Erwachen!

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