20.03.2013

LANDTAGSREDE: Mehr Transparenz: Nebentätigkeiten von Abgeordneten offenlegen

TOP 9, Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtages (Drucksache 18/608)

Pünktlich im März, im Normalfall alle zwei Jahre, reden wir in diesem Hause über die Änderung des Abgeordnetengesetzes mit dem Ziel, mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten und Einkünften von Abgeordneten zu schaffen. Bisher ist uns da nicht viel gelungen. Verschiedene Regierungskonstellationen haben verhindert, dass durchaus ähnliche Vorstellungen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW hier in diesem Hause eine Mehrheit erlangen konnten.

Stets waren es bis dahin CDU und FDP, die als Bedenkenträger auftraten. So war es im Jahre 2008, ebenso am 18.03.2010, am 21.03.2012 und nun – man könnte fast denken, es hätte sich jemand einen Knoten ins Taschentuch gemacht – am 20.03.2013. Und nicht nur wegen der neuen Mehrheiten, auch wegen gewachsener Einsicht in die Notwendigkeiten wird es diesmal hoffentlich ein Ergebnis geben. Dass dies allerdings auf der Basis des Vorschlages der Piraten geschieht, halte ich für ausgeschlossen. Er ist doch wohl eher ein Operettenantrag: Großer Auftritt, bunte Kostüme, alles auf die Bühne, was geht – mit Ausnahme des Wohnorts und des Geburtsdatums des Piratenführers.

Aber wir können ja auf gute Vorschläge aus den vergangenen Jahren zurückgreifen, basierend auf Anträgen der SPD und von Bündnis90/die Grünen sowie dem SSW. Wir streben eine solche Änderung des Abgeordnetengesetzes an: Nebentätigkeiten und Einkünfte aus solchen müssen zukünftig anzeigepflichtig sein und die Höhe der Einkünfte muss für die Bürgerin und den Bürger erkennbar sein. Wir Sozialdemokraten können uns eine Regelung vorstellen, die die Höhe auf den Cent genau aufweist und die jeweils damit verbundene Branche benennt. Damit können sogar Rechtanwälte leben.

Die CDU wollte immer so lange warten, bis im Bundestag dieses Thema auf der Basis neuer verfassungsrechtlicher Entscheidungen geregelt ist.  Das war über all die Jahre der Freifahrtschein für Stillstand. Und die FDP hat das sowieso nie ernst genommen und hält sich nicht einmal an die Bestimmungen, die wir jetzt schon haben.

Der Maßstab für eine Transparenzregelung über die Nebentätigkeiten von Abgeordneten sollte nicht sein, alles offen zu legen, was möglich ist. Das ist die Philosophie der Piraten. Da fehlt dann nur noch die Verbindung mit der Payback-Karte der Tante 2. Grades. Der Maßstab sollte vielmehr sein, dass das offengelegt wird, was erforderlich ist, um mögliche Abhängigkeiten und Interessenüberschneidungen durch Lobbygruppen transparent zu machen.

Bei der CDU ist ja möglicherweise in den letzten Monaten ein Sinneswandel  eingetreten. Nachdem sie den zukünftigen Bundeskanzler Peer Steinbrück wegen seiner Nebeneinkünfte heftig gerüffelt und brutalst-mögliche Transparenz gefordert hat, wird sie sich jetzt kaum einer angemessene Regelung verschließen können.

Wir werden, da bin ich fast sicher, am Ende zu einer Neuregelung kommen, die die erforderliche Transparenz bei Abgeordneten über ihre Nebentätigkeiten, Verpflichtungen und auch ehrenamtliche Aktivitäten sowie die damit verbunden Einkünfte bringen wird. Uns allen muss klar sein: Die Sensibilität innerhalb der Bevölkerung ist durch viele Ereignisse, nicht zuletzt durch die Debatte um den ehemaligen Bundespräsidenten Wulff, sehr hoch.

Es gibt bei einigen eine Neigung, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Transparenzregelung für Abgeordnete zu verbiegen. Aber: Das Gericht hat zum einen gesagt, dass der Wähler wissen muss, wen er wählt. Es hat weiter ergänzt, dass es dem Grundanliegen demokratischer Willensbildung entspricht, die Abgeordneten zu verpflichten, Angaben über Nebentätigkeiten neben dem Mandat zu machen, die auf Interessenverpflichtung und wirtschaftliche Abhängigkeit hindeuten könnten. Das Interesse des Abgeordneten, Informationen aus dieser Sphäre vertraulich behandelt zu sehen, sei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erkennbarkeit möglicher Interessenverknüpfungen grundsätzlich nachrangig.

Das Gericht sagt auch, dass Mit-Abgeordnete ebenfalls ein legitimes Interesse haben zu wissen, welchen Interessenverbindungen ihre Kollegen unterliegen. Dies kann für die Einschätzung, welche Argumente besonders wachsamer Prüfung bedürfen, von Bedeutung sein.

Und nicht zuletzt wird man sich trotz aller Entschlossenheit, mehr Transparenz zu erreichen, auch mit schützenswerten Daten von Abgeordneten in diesem Zusammenhang beschäftigen müssen. Hier eine angemessene Regelung zu finden, ist vermutlich das schwierigste. Ich bin sicher, damit werden wir uns im Ausschuss befassen.

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