19.12.2013

LANDTAGSREDE: Wir wollen mehr Toleranz wagen!

TOP 8, Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage (Drucksache 18/1242)

Die Sonn- und Feiertagsgesetze in der Bundesrepublik Deutschland sind Angelegenheit der Länder. Sie treffen Regelungen, wie Feiertage ihrem besonderen Charakter entsprechend gestaltet werden können. In Schleswig-Holstein haben wir im Sonn- und Feiertagsgesetz für drei Feiertage Regelungen getroffen.

Diese wollen die Piraten jetzt ändern. Sie wollen am Volkstrauertag, der kein kirchlicher Feiertag ist, und am Ewigkeits- bzw. Totensonntag nicht mehr von 4 Uhr morgens bis 24 Uhr abends, sondern nur noch von 6 Uhr morgens bis 17 Uhr nachmittags öffentliche Veranstaltungen untersagen, die dem ernsten Charakter des Tages widersprechen. Am Karfreitag, dem höchsten Feiertag der Christen, soll das bisherige Verbot von 0 bis 24 Uhr auf 6 bis 21 Uhr reduziert werden. Hierzu zählt auch ein Tanzverbot bei öffentlichen Veranstaltungen.

Dass die Piraten nicht die gänzliche Abschaffung solcher Regelungen beantragen, lässt schon erkennen, dass sie Einsicht in die grundgesetzliche Verankerung dieses Verbotes haben. Die Einschränkungen haben ihre Grundlage in Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Verfassung. Diese Gesetzgebung schützt staatliche Feiertage und Sonntage.

Bereits in der letzten Landtagssitzung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses in seinem Bericht dem Landtag eine öffentliche Petition vorgestellt, die von 224 Petenten, davon 140 aus Schleswig Holstein, unterzeichnet war und sich für eine Abschaffung des Tanzverbotes einsetzte. Der Landtag hat die Ablehnung der Petition auf Vorschlag des Petitionsausschusses einstimmig (!) bestätigt.

Die Einschränkungen im Schleswig-Holsteinischen Sonn- und Feiertagsgesetz sind im Vergleich zu den anderen Bundesländern sehr zurückhaltend. Während zum Beispiel in Baden-Württemberg an 18 Feiertagen (so viele haben wir in Schleswig-Holstein überhaupt nicht) Einschränkungen unterschiedlichster Art bestehen, sind es in Bayern 9 Tage, in Hessen 16 Tage und in Rheinland-Pfalz und im Saarland immer noch 9 Tage. Für Schleswig-Holstein gibt es solche Einschränkungen nur an 3 Tagen, nämlich am Volkstrauertag und am Totensonntag in der Zeit von 4 bis 24 Uhr und am Karfreitag ganztags.

Nach der Auffassung der weit überwiegenden Zahl der Mitglieder meiner Fraktion ist diese Regelung akzeptabel und trägt den religiösen und kulturellen Vorstellungen einer großen Gruppe unserer Bevölkerung Rechnung. Diese zu respektieren, ohne die Beweggründe selbst zu teilen, bezeichnet man allgemein als Toleranz.

Wir halten den gesellschaftlichen Konsens, diese drei Tage durch eine besondere Ruhe und den Verzicht auf öffentliche Vergnügungsveranstaltungen zu kennzeichnen, für angemessen und Ergebnis unserer christlich-abendländischen Kultur, die im Übrigen auf weit mehr Lebensbereiche prägend wirkt.

Die von den Piraten angestrebten verlängerten Tanzzeiten an diesen 3 Tagen halten wir für nicht erforderlich, umgekehrt finden wir es zumutbar, an diesen 3 Tagen auch weiterhin auf öffentliche – ich betone: es handelt sich nur um öffentliche – Tanzveranstaltungen zu verzichten. Gerade der Karfreitag, der einzige Tag mit ganztägigem Tanzverbot, ist der höchste christliche Feiertag und soll aus Respekt vor den religiösen Gefühlen der Christen ein besonderer Tag der Ruhe bleiben.

Wie gesagt: Die damit verbundene Zumutung, an einigen Stunden des Jahres nicht zu tanzen, hält der überwiegende Teil unserer Fraktionsmitglieder für akzeptabel. Aber es gibt auch andere Meinungen, deshalb hat die Fraktion beschlossen, auf die sonst übliche Suche nach einer einheitlichen Fraktionsmeinung zu verzichten. Es wird jedem Abgeordneten freigestellt, nach seinem persönlichen Wertekanon abzustimmen.

Lassen Sie mich noch zu dem zweiten Punkt im Gesetzentwurf eine Anmerkung machen. Die Piraten schlagen vor, die Einschränkungen bzw. das Verbot öffentlicher Versammlungen an diesen stillen Feiertagen zu streichen. Dies hat eine andere Qualität als die Frage nach dem Tanzverbot. Es ist abzuwägen, ob ein Versammlungsverbot mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, vereinbar ist. Diese Frage bedarf einer besonderen Erörterung.

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