23.07.2016

Jugendliche bei Workshop des Kinderschutzbundes als Experten in eigener Sache

In den Räumen des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Schleswig-Holstein e.V. in Kiel präsentierten gestern (19. Juli 2016) Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren vor Politikern die Ergebnisse des vorangegangenen `Workshops speziell für Jugendliche zum Leben und Arbeiten in der Heimerziehung (II)´. Die Informationsveranstaltung richtete sich an Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen in Schleswig-Holstein und behandelte Themen wie Alltag, Partizipation und Beschwerdemöglichkeiten, sowie Schule und Ausbildung.

Es war die vierte Veranstaltung im Rahmen des „Runden Tisches zur Situation der Heimerziehung in Schleswig-Holstein“, mit dessen Einrichtung der Sozialausschuss im April 2015 vom Schleswig-Holsteinischen Landtag beauftragt wurde. „Auch damit sich Missstände wie in den Friesenhof Mädchenheimen möglichst nicht wiederholen, wurde der Runde Tisch mit dem Ziel einberufen, notwendige Handlungsfelder in der Heimerziehung mithilfe von Experten und Expertinnen zu erkennen und aufzuarbeiten“, erklärte der Vorsitzende des Sozialausschusses Peter Eichstädt einleitend. „Dabei darf natürlich die Beschreibung und Beurteilung durch die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht fehlen. Ihre Teilhabe und subjektive Sichtweise sorgen für mehr Transparenz. Durch sie erhalten wir elementare Einblicke im Diskurs zur aktuellen Situation in stationären Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe“ so Eichstädt weiter.

Mit der Durchführung des Workshops speziell für Jugendliche hat der Sozialausschuss den Deutschen Kinderschutzbund Landesverband Schleswig-Holstein e.V. betraut. Einen Auftrag, den die Landesvorsitzende Irene Johns auch im Hinblick auf die in diesem Jahr verabschiedete Resolution des DKSB-SH zu dem Thema Partizipation sehr begrüßte. „Seit einem Jahr wird das Thema schon diskutiert, da ist es jetzt höchste Zeit, dass auch die zu Wort kommen, um die es geht – die Jugendlichen! Die Heimerziehung können wir nur mit allen Beteiligten gemeinsam weiterentwickeln und die Jugendlichen als Experten in eigener Sache liefern dabei ungemein wertvolle Erkenntnisse und Einblicke“, bestätigte Johns.

20 Jugendliche aus 16 Einrichtungen verschiedener Träger haben ihre Präsentation unter Anleitung qualifizierter Moderatoren im Laufe des Workshops erarbeitet und im Anschluss vor Mitgliedern des Sozialausschusses und Landtagsabgeordneten selbst vorgetragen – und das mit viel Engagement.

Wie wichtig und ergiebig die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ist, zeigte sich in den der differenzierten Darstellung der Ergebnisse. Veranschaulicht mit vielen Beispielen machten die Jugendlichen deutlich, dass sie sich generell mehr Aufmerksamkeit von Betreuern und Jugendamt wünschen, sowie eine individualisierte Betreuung und mehr Beteiligung. „Einige Kinder fühlen sich isoliert und allein gelassen“, erzählte eine Teilnehmerin. Ein anderes Mädchen berichtete darüber, dass immer wieder Jugendliche vom Jugendamt vergessen werden. „Nach dem Motto: Schlafende Akten weckt man nicht. Aber man muss auch diese aufmachen und sich darum kümmern, sonst gehen sie verloren“, kritisierte die Heimbewohnerin. Neben aller Kritik betonten zahlreiche Jugendliche aber auch, wie viel Unterstützung und Begleitung sie in ihrer Einrichtung bekämen.

Entsprechend dem Workshop behandelte auch die Präsentation der Jugendlichen drei Problemfelder. Zum Thema „Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten“ sprachen sie klar sich für „Gerechte Gemeinschaften aus, was mehr Konversation und ein größeres Entgegenkommen der Erzieher beinhalte. Zum Beispiel sollten bei Regelübertritten die Konsequenzen maßvoll und individuell auf die Personen zugeschnitten sein.

Auch bei der Thematisierung ihrer „Lebenswelt Heim“ wünschten sich die Kinder eine individualisiertere Betreuung. Das beinhalte u.a. Unterstützung beim Erreichen persönlicher Ziele, individuelle Besuchsrechte und Mitbestimmung bei der Freizeitplanung genauso, wie das Zimmer als abschließbaren Rückzugsort nutzen zu können oder W-Lan-Zugang zu bekommen. Der Betreuer sollte für die Heimbewohner darüber hinaus als Schutzgeber fungieren.

In Sachen „Schule und Ausbildung“ fühlten sich die Jugendlichen unzureichend gefördert. Die Schüler würden sich über die Hausaufgabenbetreuung hinaus mehr Unterstützung in Form von Nachhilfe, Schulbegleitung, Beratung und Lernhilfe wünschen.

Die klar formulierten Forderungen und Fragestellungen an die Heimerziehung aus erster Hand fanden am  Ende der Präsentation bei den Zuhörern großen Anklang. „Die Jugendlichen haben uns ein großes Geschenk gemacht, damit, dass sie uns Einblick in ihr Leben gegeben haben“, bedankte sich der Sozialausschuss-Vorsitzende Peter Eichstädt. „Um das weiter zu fördern, muss Beteiligung auch in den Einrichtungen organisiert werden, damit sie Standard ist und kein Zufall“, sagte Eichstädt.

Auch der Deutschen Kinderschutzbund Landesverband Schleswig-Holstein e.V. ist als Organisator des Workshops mit dem Erfolg mehr als zufrieden. „Neben den vielsagenden Ergebnissen, hat vor allem der unermüdliche Elan, mit dem die Jugendlichen sich für ihre Sache eingesetzt haben, gezeigt, wie wichtig es ist, dass sie angehört und ernst genommen werden“, betonte die Landesvorsitzende Irene Johns. „Und dadurch, dass sich Jugendliche aller Träger bewerben konnten, haben wir jetzt einen aussagekräftigen Querschnitt erhalten“, begrüßte Johns den Ausgang.

Die ausführliche Dokumentation des `Workshops speziell für Jugendliche zum Leben und Arbeiten in der Heimerziehung (II)´ wird noch einmal am 29. September 2016 zur Abschlussveranstaltung des „Runden Tisches: Heimerziehung“ ein wichtiges Thema sein.

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