13.10.2016

LANDTAGSREDE: Bei Interessenskollision gilt Sperrfrist

TOP 4, Gesetzentwurf zur Einführung einer Karenzzeit für Ministerinnen und Minister (Drs. 18/4606)

Die schon seit Jahren geführte Diskussion um eine Karenzzeit für frühere Minister und Ministerinnen kam in Schwung, als in jüngster Zeit vermehrt einflussreiche Minister von der Politik in die Etagen der Wirtschaft wechselten. Daniel Bahr, Dirk Niebel, Gerhard Schröder und Ronald Pofalla, bei uns Andreas Breitner heizten die Debatte an. Besonders der Wechsel Pofallas, der direkt aus dem Kanzleramt als Chef-Lobbyist bei der Deutschen Bahn einstieg, sorgte für den letzten Kick, dass die große Koalition in Berlin Regeln für Seitenwechsler beschloss.

Bis zu 18 Monate sollen Minister und Ministerinnen in das politische Abklingbecken, bevor sie in ein Unternehmen wechseln können, wenn der dringliche Anschein eines Zusammenhangs zwischen den im Amt ausgeübten Tätigkeiten und der angestrebten Erwerbstätigkeit steht.

Heute beschließen wir auch für Schleswig-Holstein ein Gesetz zur Einführung einer Karenzzeit für Ministerinnen und Minister. Dies ist eine wichtige und notwendige Entscheidung, denn sie sorgt für mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Wenn erkennbar ist, dass ein Minister oder eine Ministerin in die freie Wirtschaft, zu einem Verband oder Verein wechseln will und Informationen und Fähigkeiten mitnehmen oder sogar in Vorbereitung auf den Wechsel Einfluss auf Entscheidungen im Interesse des späteren Beschäftigungsträgers nehmen könnte, kann jetzt eine Karenzzeit verordnet werden.

Wichtig ist aber auch: Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass alle Minister und Ministerinnen, die eine Zeitlang ihr Amt für das Land Schleswig-Holstein ausgeübt haben und danach in ein Unternehmen wechseln, dies mit diesem Hintergedanken tun. Auch weiterhin wird und muss es Wechsel geben, die völlig problemlos und ohne Karenzzeit verlaufen.

Allerdings werden wir durch unser Gesetz dafür Sorge tragen, dass solche Wechsel rechtzeitig angezeigt werden und geprüft wird, ob eine bedeutsame Interessenkollision festzustellen ist.

Zukünftig gilt in Schleswig Holstein:

  1. Landesministerinnen und Landesminister, die aus ihrem Amt ausscheiden, haben zukünftig die Absicht der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes schriftlich anzuzeigen.
  2. Diese Pflicht besteht während der Mitgliedschaft in der Landesregierung und für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Beendigung des Amtsverhältnisses.
  3. Wenn die Landesregierung feststellt, dass die angestrebte Tätigkeit oder Beschäftigung innerhalb der letzten fünf Jahre mit dem ausgeübten Amt in Zusammenhang steht, muss sie prüfen, ob es tatsächlich Anhaltspunkte für die dringliche Besorgnis gibt, dass amtliche Interessen beeinträchtigt werden könnten.
  4. Bei positivem Ergebnis kann sie eine Karenzzeit von bis zu zwei Jahren verfügen.
  5. Während dieser Zeit erhält der ausgeschiedene Landesminister das Übergangsgeld.
  6. Zur sachgerechten Vorbereitung dieser Entscheidung wird ein unabhängiges Gremium eingerichtet, welches eine Empfehlung an die Landesregierung gibt.
  7. Dieses sehr schlanke Gesetz tritt mit Beginn der 19. Wahlperiode in Kraft.
  8. Es gilt damit für jeden neuen Minister und jede neue Ministerin. Sie können sich frei entscheiden, ob sie unter diesen Voraussetzungen ein Ministeramt in unserem Land übernehmen wollen.
  9. Für Staatssekretäre gilt dies nicht, weil die in Schleswig-Holstein tätigen beamteten Staatssekretäre aufgrund mangelnder Landeszuständigkeit nicht erfasst werden können.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Änderungsantrag eingehen, der Ihnen vorliegt. Er legt fest, dass das Beratungsgremium eine Geschäftsordnung bekommt. Das Gremium soll eine Empfehlung abgeben, wenn diese von der Mehrheit seiner Mitglieder unterstützt wird. Die Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, die Landesregierung gibt ihre endgültige Entscheidung unter Mitteilung der Empfehlung des Gremiums bekannt.

Also durchweg sinnvolle Ergänzungen.

Dies ist ein Gesetz mit Augenmaß. Es berücksichtigt die Erwartungen nach Transparenz und politischer Ethik. Es berücksichtigt aber auch die Interessen der Minister und Ministerinnen, nach ihrer Amtszeit unbelastet wieder in eine andere berufliche Tätigkeit wechseln zu können.

Es würde dem Parlament gut anstehen, wenn solche Regelungen einvernehmlich getroffen würden. Dies scheint jedoch in diesem Landtag nicht möglich zu sein. Wir werden es nach der Abstimmung genauer wissen.

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