17.02.2016

LANDTAGSREDE: Risiken der Legalisierung noch nicht ausreichend beleuchtet

TOP 24, Cannabis legalisieren – Konsumenten entkriminalisieren (Drs. 18/3844 und 18/3878)

Ende 2013 hat der Landtag einen Beschluss gefasst, der für die fortschrittliche und konsequente Drogenpolitik klare Zielvorgaben macht:

  1. Prävention und Aufklärung über die Gefahren,
  2. niederschwellige Hilfsangebote für Drogenkonsumentinnen und Drogenkonsumenten,
  3. eine qualifizierte Hilfe für Suchtkranke sowie
  4. konsequente Strafverfolgung von kriminellen Dealern und organisiertem Drogenhandel.

Neben Drogenberatungsstellen verschiedenster Träger ist die Landesstelle Sucht Schleswig-Holstein die Institution, die gemeinsam mit dem Sozialministerium fachliche Erkenntnisse und Einschätzungen bündelt und die Drogen- und Suchthilfe in unserem Land gewährleistet.

In dem Piraten-Antrag geht es nun um die Frage, ob das Land Schleswig-Holstein sich aktiv dafür einsetzen soll, den Konsum von Cannabis-Produkten und damit konsequenterweise den Handel, den Besitz und den Anbau von Cannabis zu legalisieren.

Auch wir wollen nicht, dass z.B. Jugendliche, die gelegentlich Cannabis probieren bzw. eine kleine Menge Substanz zum Eigenbedarf bei sich tragen, kriminalisiert werden – was wir in Schleswig-Holstein durch die Anwendung von § 31 a des BtMG ja auch nicht tun. Daneben steht die Frage, ob eine komplette Legalisierung des Cannabis-Konsums und damit des Handels und Anbaus im Sinne des Piraten-Antrages angestrebt wird.

Natürlich verfolgen auch wir die Diskussion um dieses Thema, auch de Diskussion um den im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen. Wenn Sie die zahlreichen Stellungnahmen, die der Sozialausschuss im Rahmen einer Anhörung im Herbst 2013 eingeholt hat, aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass es von fachlicher Seite erhebliche Zweifel gibt, ob ein solcher Schritt der richtige ist. So wird auch auf die unterschätzte Wirkung von Cannabis als Einstieg in eine Suchtkarriere sowie auf die Tatsache hingewiesen, dass als Anlass für Beratungen der Cannabis-Konsum und seine Wirkungen der häufigste ist - insgesamt eine sehr zurückhaltende Bewertung und Warnung vor einer Verharmlosung der Risiken von Cannabis-Konsum.

Die mit einer Legalisierung verbundenen Risiken sind noch in keiner Weise ausreichend beleuchtet. Das gilt auch für die von Befürwortern erwarteten positiven Effekte. Und weil ein solcher Schritt, einmal gegangen, nahezu unumkehrbar ist, ist Zurückhaltung geboten.

Der manchmal erzeugte Eindruck, dass Deutschland das letzte Land sei, das sich einer Legalisierung von Cannabis widersetzt, ist doch falsch: Eine Legalisierung, wie von den Piraten vorgeschlagen, gibt es bisher nur in Uruguay, Ecuador und neuerdings einigen Staaten der USA. In allen anderen Ländern, auch den viel diskutierten wie Holland, Spanien oder Portugal sind die gesetzlichen Bestimmungen ähnlich wie bei uns, es gibt in klar definiertem Rahmen Regeln der Tolerierung von Konsum und zum Teil auch Handel, ohne dass es zu einer rechtlichen Legalisierung kommt.

Auch die Annahme, dass ein legalisierter Handel mit Cannabis-Produkten bewirken würde, den illegalen Handel auszutrocknen, sollte zu Ende gedacht werden. Selbst wenn dies bei Cannabis der Fall wäre, steht doch zu befürchten, dass sich der Handel in andere illegale Bereiche verschiebt und so neue Märkte mit anderen illegalen Drogen entstehen. Denn durch die Legalisierung werden nicht automatisch auch die Dealer legal.

Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass all diejenigen, die jetzt diesen Handel betreiben und damit von der Illegalität profitieren, nach einer Legalisierung alle brav eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann machen und sich dann legalen Tätigkeiten zuwenden. Wahrscheinlicher ist doch, dass sich der Handel zu anderen illegalen Produkten verschiebt und größere Probleme entstehen. Deren Geschäftsidee ist doch die Illegalität.

Wir haben Ihnen in einem Änderungsvertrag unsere fortgeschriebenen drogen- und suchtpolitischen Eckpunkte zur Beschlussfassung vorgelegt. Auf einen Punkt möchte ich besonders hinweisen: Wir begrüßen ausdrücklich Initiativen, durch Änderung des Betäubungsmittelgesetzes Cannabis-Extrakte und Cannabis-Blüten als verschreibungsfähige Betäubungsmittel für die Versorgung von Schmerz- und Palliativpatienten zur Verfügung zu stellen. Dieses ist ein Gebot der Humanität und sollte schnell realisiert werden.

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