19.03.2015

LANDTAGSREDE: Einfluss der Politik zurückdrängen, Vielfalt stärken

TOP 27, Gesellschaftliche Vielfalt im ZDF-Fernsehrat verbessern (Drucksache 18/2811)

Schon bei seiner Gründung wurde die mögliche politische Einflussnahme auf das ZDF diskutiert. Konrad Adenauer, der das ZDF als Gegengewicht zur angeblich roten ARD haben wollte, hatte seine eigenen Vorstellungen über Staatsfernsehen und wollte eine teilweise von der Bundesregierung getragene Organisation installieren.

Stattdessen legten die Richter in Karlsruhe auf eine Klage hin fest, dass die Länder allein die Zuständigkeit für den Rundfunk in Deutschland haben. Diesen 50 Jahre alten Staatsvertrag hat das Bundesverfassungsgericht jetzt beanstandet und den Ländern Korrekturen verordnet.

Im Wesentlichen richtet sich das Urteil gegen die Zusammensetzung des Fernsehrates und des Verwaltungsrates des ZDF. Sie werden zu stark von Vertretern staatlicher Institutionen dominiert und sind nicht ausreichend staatsfern im Sinne des Artikel 5, Abs. 1, Satz 2 des Grundgesetzes.

Der Vizepräsident des Gerichtes sagte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle die im Gemeinwesen vertretenen Meinungen facettenreich widerspiegeln. Er dürfe nicht lediglich die Auffassungen von Regierung und Exekutive verbreiten. Der Staat solle ihn zwar organisieren und Verantwortung für ihn tragen, aber nicht den Inhalt seines Programms bestimmen. Das Gericht forderte deshalb die Länder auf, den Anteil von staatsnahen Personen von derzeit 44  auf 33 Prozent zu reduzieren.

Stattdessen sollen jetzt zwei Drittel mit Vertretern gesellschaftlicher Gruppierungen aus Sport, Kirche, Gewerkschaften, Umweltschutz usw. besetzt werden. Und über die Auswahl dieser Personen sollen zukünftig nicht mehr die Ministerpräsidenten entscheiden.

Mit dem bisher vorliegenden Entwurf des Staatsvertrages ist es weitgehend gelungen, den Einfluss der Politik zurückzudrängen und regierungsferne Gruppen zu stärken. So darf jedes Bundesland aus einer festgelegten gesellschaftlich relevanten Gruppe benennen.

In § 21 des Staatsvertrages werden daneben weitere gesellschaftlich relevante Gruppen benannt und darum geht es heute in der Debatte. 

Der Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und den Abgeordneten des SSW, dem nun auch die Piraten als Antragsteller beigetreten sind, beschäftigt sich mit der Optimierung der Auswahl der sogenannten gesellschaftlich relevanten Gruppen im Fernsehrat. Es ist klar, die Vielzahl der gesellschaftlichen Gruppen, die unser Gemeinwesen gestalten, kann nicht komplett abgebildet werden. Aber zumindest bei der erstmaligen Festlegung sollte man sich intensiv darum bemühen – wohl wissend, wie schwierig es ist, später gesellschaftliche Gruppen durch andere zu ersetzen.

Sie kennen unseren Antrag. Wir regen an, dass im Besonderen weitere Gruppen aus dem Bereich der Menschenrechtsorganisationen, der Schwulen- und Lesbenverbände sowie der digitalen Bürgerrechte Berücksichtigung finden. Bei unserem Vorschlag verzichten wir darauf, einzelne Gruppen gegen andere auszuspielen und Gruppen, die jetzt vorgesehen sind, komplett zu streichen. Deshalb unser Vorschlag, die beiden Sitze, die jeweils für die evangelische und die katholische Kirche vorgesehen sind, auf je einen Sitz zu beschränken. Damit wenden wir uns nicht gegen die Kirchen, die ihren Platz im Fernsehrat haben und behalten sollen.

Aber auch andere Gruppierungen haben sich gegenüber der alten Zusammensetzung des Fernsehrates – im Rahmen der Verkleinerung von 77 auf 60 Mitglieder – auf einen Sitz  beschränken müssen. Außerdem ist die Präsenz der Kirchen durch ihre Wohlfahrtsverbände zusätzlich gewährleistet.

Die Zeitungsverleger sind zum Teil erheblich an den privaten Sendeanstalten der Sat-1/Pro7 -Gruppe bzw. RTL beteiligt. definiert. Ich nenne als Beispiele die Konkurrenz bei dem Erwerb von Sportübertragungsrechten, von Vertragsabschlüssen mit Moderatoren sowie die Forderung der Zeitungsverleger, die öffentlich-rechtlichen Anstalten werbefrei zu bekommen. Deshalb plädieren wir dafür, den Bundesverband der Zeitungsverleger durch eine andere gesellschaftliche Gruppe im Sinne von mehr gesellschaftlicher Vielfalt zu ersetzen.

Unsere Vorschläge sind deshalb geeignet, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes besser zu erfüllen.

Andere geplante Regelungen begrüßen wir ausdrücklich: So wird der Fernsehrat zukünftig öffentlich tagen, Tagesordnung und Protokolle, Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen sind zu veröffentlichen. Je 50 % Männer und Frauen müssen vertreten sein, der Fernsehrat ist verkleinert und die gesellschaftliche Vielfalt ist gewahrt, ebenso ist der Einfluss der Regierungen und der Politik reduziert.

Wir werden den 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nach Ratifizierung durch die Ministerpräsidenten voraussichtlich im Juli dieses Jahres ins Parlament bekommen und dann eine umfassende Bewertung vornehmen. So lange warten wir, ob es doch noch gelingt, Korrekturen in dem von uns beschriebenen Sinne zu erreichen.

Wir bitten um Zustimmung.

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