14.04.2008

Patientenverfügung – Selbstbestimmung am Ende des Lebens?

„Alles in allem kein Thema, dass zu Parteienstreit taugt, sondern zu viel Nachdenklichkeit“, so eröffnete der Landtagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Peter Eichstädt eine Veranstaltung zum Thema Patientenverfügung, die am Freitag, den 11. April in Ratzeburg stattfand. Fast 150 vornehmlich ältere Zuhörer waren gekommen, um sich darüber zu informieren, wie „die Konfliktlage zwischen fürsorglichem Beistand und der Selbstbestimmung des Einzelnen“ austariert werden kann, wie Peter Eichstädt sagte.

In einem Urteil aus dem Jahr 2003 hat das Bundesverwaltungsgericht die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechtes der Patienten anerkannt und gestärkt. Gleichzeitig wurde der Gesetzgeber aufgefordert, durch eine gesetzliche Regelung Unsicherheiten auszuräumen. Seither wird unter Berücksichtigung der verschiedensten Blickwinkel eine Diskussion darüber geführt, wann ein Mensch lebensverlängernde Maßnahmen im Vorhinein ablehnen und wie dies rechtssicher geschehen kann. In Deutschland haben bisher ca. 8 Millionen Menschen eine Patientenverfügung erstellt.

Als Diskutant auf dem Podium nahm Ingo Hurlin teil, Leiter der Abteilung für rechts- und justizpolitische Angelegenheiten im Schleswig-Holsteinischem Justizministerium, der kurzfristig für den erkrankten Justizminister, Uwe Döring, einsprang. Außerdem auf dem Podium vertreten waren Dr. Monika Schiffke, Allgemeinmedizinerin und Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Herzogtum Lauenburg, Dr. Jörg Grottkopp, der als Amtsrichter in Ratzeburg auch mit Vorsorgefragen betraut ist, und Pfarrer Felix Evers vom Katholischen Pfarramt St. Anwer.

Ingo Hurlin leitete in das Thema ein und fasste den aktuellen Stand der Diskussion zusammen. „Es gibt kein ärztliches Recht auf Zwangsbehandlung“, stellte Hurlin fest. Im Deutschen Bundestag werden drei verschiedene, überfraktionelle Gesetzesvorschläge diskutiert. Hurlin favorisiert den Vorschlag des Bundestagsabgeordneten und rechtspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion Stünker. Dieser Entwurf würde unter anderem einen mündlichen Widerruf der schriftlich verfassten Patientenverfügung ermöglichen.

Die Ratzeburger Hausärztin Monika Schiffke berichtete aus ihrer täglichen Praxis, dass viele Menschen mit Fragen zur Patientenverfügung in ihre Praxis kommen und Aufklärung suchen. Sie riet dazu, rechtzeitig mit der ganzen Familie, im Besonderen den engsten, Angehörigen intensiv über dieses Thema zu sprechen.

In seinem leidenschaftlichen Appell warnte Pfarrer Evers davor, die Autonomie eines Menschen vor seine Würde zu stellen. „Wir müssen wieder lernen zu leben. Dann wissen wir, was sterben bedeutet“, sagte Evers und verwies auf das Kirchenjahr mit Karfreitag und Ostern, das die Menschen lehren würde, was Leid und Tod bedeute.

Richter Grottkopp, der sich auch wissenschaftlich mit dem Thema Patientenverfügung auseinandersetzt, wies auf die Einschränkungen hin, die auch eine gesetzliche Regelung mit sich bringen würde. Es bedürfe vor allem der Kontrolle, sodass mit Patientenverfügungen kein Missbrauch betrieben werden könne. Letztlich riet Grottkopp allerdings, eine Patientenverfügung – am besten notariell beglaubigt – abzufassen.

Fazit: Dies war eine Veranstaltung, die 150 Besucher und Besucherinnen nach einer intensiven Aussprache, an der sich viele Gäste beteiligten, nachdenklich verließen.

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